Warum wurde die Blaue Moschee in Hamburg (erst jetzt) geschlossen?
Der geheime Krieg der iranischen Revolutionsgarden in Europa
Auf Anweisung des Innenministeriums hat die Polizei heute das Islamische Zentrum in Hamburg (IZH) geschlossen. Das IZH — zusammen mit der Blauen Moschee — stand schon lange im Zentrum der Kritik. Doch was sind die Gründe dafür? Und warum kam das Verbot erst jetzt?
Die Blaue Moschee gibt es bereits seit den 1960ern Jahren. Ihr Bau wurde von iranischen Kaufleuten finanziert, die für sich und ihre Community in Norddeutschland ein repräsentatives Zentrum schaffen wollten.
Doch infolge der islamischen Revolution im Jahr 1979 geriet das IZH immer stärker unter Kontrolle der iranischen Regierung und wurde so zum Stützpunkt für das iranische Regime.
Die Vorwürfe gegen das IZH lassen sich folgendermaßen zusammenfassen:
Statt sich um die religiösen Belange seiner Mitglieder zu kümmern, wurde das IZH zur Überwachung und Kontrolle von Exil-Iranern missbraucht, die sich gegen das iranische Regime aussprachen.
Das IZH half jahrelang bei der Organisation der al-Quds-Tag-Demonstrationen mit, die einen antisemitischen Charakter hatten und das Existenzrecht Israels in Frage stellten.
Innerhalb des IZH gab es offenbar enge Verbindungen zur libanesischen Terrororganisation Hisbollah, die vom Iran gesponsort wird. Im Jahr 2022 wurde einer der Imame wegen Unterstützung der Hisbollah des Landes verwiesen. Und im Jahr 2023 begründete die Bundesregierung hiermit eine große Razzia. Traditionell ging es der Hisbollah an Orten wie dem IHZ um das Einsammeln von Spenden, das Verbreiten von Propaganda und — gelegentlich — auch die Unterbringung von Aktivisten, für die es im Nahen Osten zu „heiß“ geworden war. In den letzten Wochen wurde allerdings klar, dass die Hisbollah in Europa auch Militärtechnik beschafft, die bei Angriffen gegen Israel eingesetzt wird.
Nicht zuletzt steht das IZH unter Verdacht, die terroristischen Aktivitäten der Iranischen Revolutionsgarden zu unterstützen — einer Militäreinheit, die sich selbst als „Speerspitze“ des Regimes versteht und in den letzten sechs Jahren für elf versuchte Anschläge in Europa verantwortlich war. Hierzu passt, dass der aktuelle Leiter der Blauen Moschee ein iranischer Kleriker ist, der aus dem religiösen Establishment stammt, vom iranischen Revolutionsführer persönlich berufen wurde und in seinem Lebenslauf enge Verbindungen zu den iranischen Revolutionsgarden angibt.
Mein guter Freund, der Grünen-Vorsitzende Omid Nouripour, forderte deshalb seit Jahren die Schließung des IZH. In einer Bundestagsdebatte bezeichnete er das IZH als „zentrales Spionagenest“ des iranischen Regimes.
Warum also erst jetzt?
Besonders der letzte Punkt — die Unterstützung der Revolutionsgarden — mag den Ausschlag gegeben haben.
Noch Anfang des Jahres, als ich zum letzten Mal in Hamburg war und mich mit Vertretern von Sicherheitsbehörden getroffen habe, war die allgemeine Meinung, dass die Situation im Bezug auf das IZH „mehr oder weniger unter Kontrolle“ sei.
Wenn überhaupt — so wurde mir erzählt — sei das IZH seit der Terroroffensive vom 7. Oktober 2023 und dem darauffolgenden Gaza-Konflikt zurückhaltender geworden und versuche, den Behörden keinen Vorwand für ein Verbot zu liefern.
Doch in der Zwischenzeit wurde immer offensichtlicher, dass die Revolutionsgarden aktuell in Europa eine Art asymmetrischen Krieg gegen Israel und jüdische Ziele führen.
Dazu gehören nicht nur die geplanten und teilweise durchgeführten Anschläge auf drei Synagogen in NRW, bei denen das Oberlandesgericht Düsseldorf Ende 2023 feststellte, dass diese von „staatlichen iranischen Stellen“ in Auftrag gegeben worden seien.
Seit Januar 2024 kam es in Europa außerdem zu mindestens drei versuchten Anschlägen auf israelische Botschaften – zweimal auf die Botschaft in Stockholm, einmal auf die Botschaft in Brüssel. In allen drei Fällen war die Vorgehensweise ähnlich und entsprach dem seit Jahren bekannten Modus Operandi der iranischen Revolutionsgarden.
Der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, waren wahrscheinlich die kürzlichen Festnahmen von Hisbollah-Unterstützern, die ihre Präsenz in Zentren wie dem IHZ dazu genutzt haben, um Drohnentechnik für Angriffe auf Israel zu beschaffen — vermutlich mit Unterstützung der Revolutionsgarden.
Kurzum: Die Gefahreneinschätzung hat sich im Laufe des letzten halben Jahres dramatisch geändert. Die Sicherheitsbehörden kamen offenbar zu dem Schluss, dass die Gefahren, die vom IZH ausgehen, größer sind als der mögliche Erkenntnisgewinn, der sich aus einer weiteren Beobachtung ergeben würde.
Meine Meinung: Dies war eine richtige Entscheidung. Wenn überhaupt, dann müssen die Sicherheitsbehörden in Zukunft noch konsequenter gegen die Aktivitäten der Revolutionsgarden vorgehen, die in Europa mehr und mehr wie eine Terrororganisation agieren.
Zu den Aktivitäten des Iran in Europa gibt es in meinem Buch Die Rückkehr des Terrors — das im September bei Rowohlt erscheint — ein ganzes Kapitel. Ich werde die Aktivitäten der Revolutionsgarden natürlich weiter genau beobachten und würde mich freuen, wenn Sie Teil meiner Community werden. Sie können Die Terrorlage hier kostenlos abonnieren:
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